Das Feuer der Erde

In dem Buch „Das Feuer der Erde“ verweben sich sehr gut verständliche Essays zu Grundfragen des menschlichen Seins mit der autobiografischen Chronik eines inneren Erwachens. Beides – das Informative und das Literarisch-Poetische – fügt sich ganz harmonisch ineinander, sodass ein ungewöhnliches Buch entstand: über das Abenteuer des Erwachens der Seele, das bei jedem Menschen geschehen kann, der offen dafür ist, und auf welch wunderbare wie wundersame Weise das Leben sich dann wandelt.

Und gerade, weil die authentischen Schilderungen mit ihren Höhen und Tiefen so aus dem „vollen Leben“ gegriffen sind, hat dieses Buch die Kraft, selbst die Seele seiner Leser*innen zu berühren. Nicht zuletzt ist es auch aus diesem Grund eine Liebeserklärung an das Leben, das Göttliche und unsere so einzigartige Erde.

Das Buch ist überall im Buchhandel erhältlich, direkt beim „Pomaska-Brand-Verlag“ oder bei der Autorin persönlich.
ISBN 978-3-943304-82-4      EUR 18,– (D)

PROLOG

SPIRITUALITÄT – WONACH SUCHEN WIR EIGENTLICH?

Was hilft alles Suchen, wenn wir nicht wissen, wonach? Das Interesse in unserer westlichen Gesellschaft an spirituellen Themen ist groß. Das Angebot an geistigen Lehren und Praktiken ebenfalls. So groß und verwirrend wie ein überquellender orientalischer Basar. Oft hastet der Suchende daher von einem Thema zum nächsten oder befasst sich mit den unterschiedlichsten Ansätzen gleichzeitig, ohne rechten Plan. So kann es geschehen, dass wir uns für tibetischen Buddhismus erwärmen, beim Sonnengruß schwitzen im wöchentlichen Hatha-Yoga-Kurs und, immer wieder zu Silvester, ein paar Tarotkarten ziehen als Orakel für das neue Jahr. Vielleicht studieren wir aber auch den Mayakalender, fahren jeden Mai zum Katholikentag, mit lässig gebundenem lila Halstuch als wehendem Bekenntnis unseres gelebten Christentums, und haben, für alle Fälle, ein Set von Engelkarten mit dabei. Oder darf es doch lieber die Kabbala sein, mit ihren geheimnisvollen Pfaden und Sephiroth? Nicht zu vergessen unsere Praxis der Achtsamkeit im Alltag und ein Leben im „Jetzt“! Mir ist es selbst so ergangen. Von den östlichen Weisheitslehren bis zu den westlichen Mystikern hatte ich so ziemlich alles durchforstet, bis ich auf die Philosophie der Evolution des Bewusstseins stieß: meinen Ariadnefaden im spirituellen Labyrinth. Sie führte mich weit über alles Verstehen hinaus, mitten ins Herz hinein mit seiner unmittelbaren Erfahrung.

Wenn wir Glück haben und zu den Privilegierten der nördlichen Halbkugel dieses Planeten gehören, haben wir es im mittleren Erwachsenenalter wahrscheinlich zu einer kleinen Familie gebracht, zu einer netten Wohnung oder gar einem Eigenheim, zu mehr oder weniger Befriedigung in Privatleben, Freizeit und Beruf. Die meisten unserer früheren Träume haben wir verwirklicht. Und was nun? Für viele beginnt an diesem Punkt der Sättigung die Suche nach mehr: die Frage nach einem tieferen Sinn des Lebens und einer spirituellen Antwort darauf. Vermutlich hat der Mensch, solange es ihn gibt, nach einer Erklärung seiner irdischen Existenz gesucht. Und hinter seinem Streben nach Freiheit, Liebe und Glück, nach Unsterblichkeit, ja sogar nach Gott, verbarg sich im Grunde doch nichts anderes als die Suche nach sich selbst. Weil der Mensch schon immer spürte, dass ihm etwas Wesentliches abhandengekommen ist, das, was ihn erst wirklich zum Menschen macht und sein Leben zu einem einzigen, sich offenbarenden Wunder: seine Seele. Vom Abenteuer, seine Seele wiederzufinden und mit ihr eine völlig neue Welt, die dort beginnt, wo alle Wege enden – davon handelt dieses Buch.

Hilfe, ich werde unsichtbar!

Während es in der Welt draußen allmählich herbstlich stiller wird, breitet sich auch in mir immer deutlicher eine innere Stille, ein tiefes Schweigen aus; und mein „Ich“ ist nicht mehr das, wofür ich es hielt. Denn ich spüre, wie sich mein Selbstbild grundlegend wandelt. Anscheinend um etwas, das sich bisher dahinter verbarg, in die Freiheit zu entlassen. Es ist schon ein merkwürdiges Gefühl, sich selbst abhanden zu kommen, bei vollem, klarem Bewusstsein. Wenn man sich immer weniger mit der eigenen Person identifizieren kann, weil das bisherige Zentrum der Identifikation, die Ich-Persönlichkeit, sich verliert und verflüchtigt, zusammen mit den welken Blättern der Bäume verweht. Ein „Ich“ kann von sich sagen, welche Eigenschaften es hat oder zu haben glaubt, und was es mag oder nicht. So behauptet man oft von sich: „Ich bin ein Mensch, der …“, woraufhin dann die Aufzählung bestimmter Charakteristika erfolgt. Bei mir bleiben die Pünktchen nach dem „der“ inzwischen frei, so als würde ich meiner bisherigen Persönlichkeit entleert. Da ist immer öfter nur noch das Gewahrsein einer schweigenden Allgegenwart, eines stillen „ICH BIN“.

Dieser Prozess, bei dem mir manchmal doch ein wenig mulmig wird, geht mit dem Hineinwachsen oder Hineinschmelzen in etwas wesentlich Größeres jenseits aller Körperlichkeit einher. In etwas zuhöchst Intensives, Bleibendes, das alles Irdische überdauert. Und das wiederum ist beruhigend. Auch wenn dieses „Etwas“ so unvergleichlich größer und anders ist als das gewohnte Ich: ohne Anfang, ohne Ende, unermesslich weit, größer noch als Raum und Zeit. Wer seine Ich-Persönlichkeit transzendiert, wird offensichtlich unweigerlich kosmisch. Ich fühle mich, als dehnte ich mich gleichermaßen in alle Richtungen aus: nach oben, nach unten sowie zu allen Seiten hin. So muss es einem Tropfen ergehen, der plötzlich spürt, dass er eins mit dem Ozean ist. Da darf einem schon mal ein wenig mulmig werden: Hilfe, ich werde unsichtbar!

Normalerweise ist das Ich des Menschen wie eine dicke, zuverlässig schützende Mauer. Ein Bollwerk vor dem Ansturm solch kosmischer Bewusstseinsbrandungen, scheinbar undurchlässig und fest. Mein eigenes Bollwerk habe ich im Laufe dieses Lebens – anfangs unfreiwillig, später willig – schon emsig abgetragen. Dennoch verblieb wenigstens noch ein gewisses Ich-Gemäuer. Aber auch dieses scheint in letzter Zeit hinweg zu bröckeln; ein paar kümmerliche Reste stehen vielleicht noch. Aber selbst da bin ich mir nicht mehr so sicher. Und wenn, dann sind sie wie aus Glas oder nur noch eine hauchdünne Membran. Sodass jenes Feuer, das in mir brennt, immer ungehinderter hindurchdringen kann und mich noch durchsichtiger und durchlässiger macht. Am ehesten fühle ich mich zurzeit wie ein Fenster. Wie ein sich öffnendes Fenster, das stetig größer und weiter wird, und durch das ich gleichzeitig nach innen wie nach außen zu schauen vermag. Aus unerfindlichen Gründen hielt ich bisher noch an einem vermeintlichen „Rahmen“ als einer Begrenzung dieses Fensters fest. Vielleicht weil die Weite doch ziemlich erschreckend ist, wenn der Blickwinkel der Wahrnehmung auf einmal in alle Richtungen 360 Grad beträgt und sich eine völlig neue Dimension des Bewusstseins offenbart. Zum Glück fühle ich mein Innerstes als Anker, wie ein unumstößliches Fundament oder einen Urgrund, der diese ganze Wandlung und Auflösung in sich umfasst und trägt. Das gibt mir Halt. Denn so, wie es aussieht, werden nicht nur die eigenen Hüllen transparent, die meine Seele verbargen, sondern auch die der Welt: Der Anschein des Vergänglichen vergeht – dieser uralte täuschende Schleier der Maya.

So bin ich jetzt bereit, mir einzugestehen, dass es nie ein Fenster mit Glas und Rahmen gab, sondern nur einen zu engen Fokus. Und ich öffne meine Augen ganz.

Über den Wolken

Heute ging ich, wie so oft, eine meiner geliebten Runden durch den inzwischen tief winterlichen Wald. Grau war´s, dichter Nebel, nur knapp über null Grad. Der Boden knackig, noch leicht gefroren von den Minusgraden der letzten Tage. Eigentlich kein schönes Wetter zum Spazierengehen. Da bleibt man lieber zuhause, auf dem Sofa eingemummelt in eine wollene Decke und bei einem süßen, heißen Kakao. Wie gut aber, dass ich dennoch ging! Mein Weg führte mich sanft an der Nordseite eines bewaldeten Hanges hinauf. Je höher ich kam, umso mehr schien es, als helle sich der Himmel dort oben – über den Baumwipfeln und zum Berggipfel zu – allmählich auf. Schon schimmerte mir, mit etwas Zuversicht, von oberhalb der verzuckerten Baumspitzen ein wenig Blau. Und tatsächlich, ein paar Meter nur noch, und ich drang durch die Nebeldecke hindurch und stand, nun ganz oben, in herrlichstem gleißendem Sonnenschein. Und das mitten im Winter! Der Himmel so tiefblau, wie ich ihn sonst nur von meinen Sommern in der Provence her kenne. Die Sonne darin ein leuchtender Stern. Ein Strahl aus ihrer Mitte traf meine Brust und entflammte mein Herz. Ich ließ meinen Blick in die Ferne schweifen. Ausgebreitet vor mir und um mich herum ein reinweißes Wolkenmeer, das alles darunter verbarg. Als einzige Insel darin erhob sich, mir gegenüber, eine mächtige Burg auf rotem Felsen, als habe auch sie soeben mit ihrer geballten Hoffnung die Wolken durchstoßen.

Als ich dastand, angesichts dieser Schönheit fast des Atems beraubt, wusste ich plötzlich nicht mehr, ist dies Tag oder Traum. Denn diese Bilder beinhalteten so viel mehr als reine Sinneseindrücke. Aber worin, überlegte ich, besteht da überhaupt der Unterschied? Liegt nicht die Fähigkeit, eine gegebene Wirklichkeit als Traum zu betrachten, nur darin, noch staunen zu können? Die Welt als kleines oder großes Wunder anzusehen? Als Gleichnis für etwas, das hinter dem Sichtbaren liegt und doch so viel wirklicher ist als das scheinbar real Gegebene? Und von dem man mit den physischen Sinnen doch immer nur eine Ahnung erhaschen kann. Und als ich bereit war, einzutauchen in dieses Bild wie in einen Traum, offenbarte sich, dass dieser Stern, als den ich die Sonne wahrnahm, mir von der Allgegenwart einer Gottheit künden wollte. Von etwas Ewigem, das niemals untergehen kann. Dass man jedoch hin und wieder die Niederungen des Daseins hinter sich lassen muss, um oben, in der kristallenen Klarheit des Geistes, solch erhellende Gewissheit zu finden. Und ich erkannte auch, dass ein Berg ein Symbol ist für einen Ort, an dem die Erde in den Himmel übergeht, ebenso wie für den Menschen, der sich selbst überwindet und damit Himmel und Erde in sich vereint. Als Krönung des Bildes die mir gegenüberliegende Burg. Sie gemahnte mich daran, dass der Mensch sich aber nur dann sicher und geschützt in die Transzendenz erheben kann, wenn er – wie diese auf dem Felsen thronende Burg – fest im Leben auf der Erde verankert ist.

Nach einer Weile ging ich, jetzt an der Südseite entlang, gemächlich den Berghang wieder hinunter. Hinein in den Nebel, das ungemütliche Grau, das nun wieder alltägliche Leben – beruhigt und beglückt durch die inneren und äußeren Bilder. Da wurde mein Herz ganz hell und warm. Und ich entdeckte einen kleinen Stern darin! Ein exaktes Abbild der Sonne, gerade nur so groß, dass es in mein Herz hineinpasst. Doch sein Licht strahlt weit darüber hinaus…

Einsame

Hauch aus Wind,

wirst zum Kind,

das zur Erde fällt:

ein Same des Ewigen.

 

Einsame,

die du zwischen deinen Händen

den Regenbogen

entfachst.